In der Unterrichtung über den Beschluss der Regierung Laschet für eine neue Leitentscheidung zur Braunkohle am 25. März 2021 hob Minister Professor Dr. Pinkwart die angeblichen Verbesserungen für die von Umsiedlungen bedrohten Menschen in den Dörfern am Tagebau Garzweiler II hervor: „Die Leitentscheidung gibt vor, dass Keyenberg und die anderen Dörfer des dritten Umsiedlungsabschnitts nicht vor Ende des Jahres 2026 bergbaulich in Anspruch genommen werden. Damit stellen wir sicher, dass die turnusmäßige Überprüfung des Kohleausstiegs durch die Bundesregierung im Jahr 2026 noch in das weitere Vorgehen einfließen kann.“
Und weiter:
„Zudem erhalten die dort noch lebenden Bürgerinnen und Bürger deutlich mehr Zeit zur Abstimmung ihrer Umsiedlung mit ihrer ganz persönlichen Lebenssituation unter Beibehaltung der Garantie auf die vom Betreiber zugesagten Umsiedlungskonditionen, was sehr wichtig ist.“ (vgl. Plenarprotokoll)
Am Tag der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum Bundes-Klimaschutzgesetz zeigte sich Minister Professor Dr. Pinkwart sogar optimistisch, dass der Kohleausstieg deutlich früher möglich sein könnte und die Leitentscheidung auch für diesen Fall ausreichend flexibel sei. (vgl. Artikel) Tatsächlich ist in der neuen Leitentscheidung allerdings keine Vorsorge für einen früheren Kohleausstieg als 2035 getroffen worden. So heißt es in Entscheidungssatz 3: Planungshorizont mit Revisionszeitpunkten:
„Das Änderungsverfahren für den Braunkohlenplan Garzweiler II soll auf das Abschlussdatum 31. Dezember 2038 (§§ 2 und 4 i.V.m. § 40 KVBG) ausgerichtet sein. Dabei ist Vorsorge für ein ggf. vorgezogenes Abschlussdatum nach § 47 KVBG (31. Dezember 2035) zu treffen.“ RWE scheint einen deutlich früheren Ausstieg aus der Kohleverstromung für ausgeschlossen zu halten und auch die Option des Erhalts der Dörfer nicht für möglich zu erachten. Dies legt ein Schreiben nahe, dass am 19. Mai 2021 öffentlich wurde und in dem das Unternehmen Druck auf die Bewohnerinnen und Bewohner von Kuckum ausübt, schnellstmöglich ihre Häuser an RWE zu verkaufen. Die Überprüfung der Notwendigkeit der Umsiedlungen im Jahr 2026 und die damit bestehende Möglichkeit, dass eine Umsiedlung gar nicht mehr notwendig sein könnte, wird unterschlagen. Explizit wird sogar erklärt, die Umsiedlung würde auch bei einem früheren Kohleausstieg wie geplant durchgeführt werden. Auf Nachfrage in der Plenarsitzung am 20. Mai 2021 sah Minister Professor Dr. Pinkwart keinen Widerspruch zwischen Leitentscheidung und dem Schreiben von RWE: „Was RWE – soweit ich das in den Briefen, die über Twitter laufen, gelesen habe – geschrieben hat, deckt sich genau mit dem, was in der Leitentscheidung steht.“
Und weiter:
„Diejenigen Bürgerinnen und Bürger, die das abwarten wollen, haben durch die Leitentscheidung diese Möglichkeit. Aber sie haben eben auch die Möglichkeit, ihren früheren Nachbarn nachzuziehen und die Umsiedlung vorzunehmen. Genau diese Option wollten die Bürgerinnen und Bürger auch haben. Die räumen wir mit der Leitentscheidung ein. Das
Unternehmen setzt das genau so um, meine Damen und Herren.“ (vgl. Plenarprotokoll)
Mit dieser Kleinen Anfrage hake ich nach.
Die Antwort der Landesregierung zeigt, dass die Landesregierung kein Interesse daran hat, die Dörfer zu retten.
Diese Landesregierung scheint den Grundsatz verinnerlicht zu haben: Eine NRW-Landesregierung kritisiert RWE nicht öffentlich. Anders kann ich es mir nicht mehr erklären. RWE übt Druck auf die Menschen in den Garzweiler-Dörfern aus ihr Haus zu verkaufen und verschweigt bewusst, dass die Umsiedlungen alles andere als sicher sind. Die Landesregierung sieht darin aber kein Problem und sieht auch keinen Anlass, die Menschen vor dem Druck von RWE zu schützen.
Minister Pinkwart schiebt die Verantwortung für ein Vorziehen des Kohleausstiegs an die Bundesregierung ab, dabei hätte die Landesregierung es in der Hand, mit einer Änderung der Leitentscheidung, den Kohleausstieg bis 2030 vorzubereiten und die Dörfer sicher vor den Kohlebaggern zu retten.
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