Fragen und Antworten zur Stromversorgung und Stromnetzen

Stand: 19.02.2014
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Inhalt

1            Grundlagen

1.2         Was beschreiben Leistung und Arbeit?
1.3         Gibt es Energieerzeuger?
1.4         Was sind Verluste? Was beschreibt der Wirkungsgrad?
1.5         Was ist der Unterschied zwischen Wechselstrom und Gleichstrom?
1.6         Was ist Drehstrom?
1.7         Was ist der Unterschied zwischen Grund-, Mittel- und Spitzenlast?
1.8         Passen Erneuerbare Energien zu Grundlastkraftwerken?

2            Das Stromnetz

2.1         Welche Struktur hat das deutsche Stromnetz?
2.2         Warum gibt es unterschiedliche Spannungen im Netz?
2.3         Wie wird sichergestellt, dass es zu keinen Stromausfällen kommt?
2.4         Wie oft kommt es zu Stromausfällen?
2.5         Wie funktioniert die Bereitstellung von Regelleistung?
2.6         Was ist Blindleistung und wofür brauchen wir sie?
2.7         Benötigen die Freileitungen auf den Strommasten keine Isolierung?
2.8         Wem gehört das Netz?
2.9         Wer trägt die Kosten für das Netz?

3            Alternativen zur konventionellen Stromübertragungstechnik

3.2         Wann ist es sinnvoll, Hochspannungsgleichstrom-Übertragungs-Leitungen einzusetzen?

4           Auswirkungen auf Mensch und Umwelt

4.1         Das elektrische und das magnetische Feld
4.2         Landschaftseingriff

5           Netzausbau

5.1         Warum brauchen wir einen Ausbau des Netzes?
5.2         Welche rechtlichen Grundlagen für den Netzausbau gibt es?
5.3         Wer plant den Netzausbau?
5.4         Sind alle Trassen nötig?
5.5         Wo bekomme ich weitere Informationen zum Netzausbau in meiner Region?

6            Hinweise, Quellen und Links

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1           Grundlagen

1.1           Was bedeuten Spannung und Strom?

Wichtig für den Fluss von elektrischem Strom sind zum einen die Stromstärke (umgangssprachlich häufig nur als Strom bezeichnet), zum anderen die Spannung. Am besten nachzuvollziehen sind diese beiden Größen, wenn man sich einen Wasserschlauch vorstellt. Die Stromstärke beschreibt die Menge der durchfließenden Elektronen pro Zeiteinheit, d.h. im Falle des Schlauchs die Menge des durchfließenden Wassers pro Zeiteinheit. Die Spannung beschreibt hingegen, unter welchem Druck die Elektronen stehen. Im Wasserschlauch wäre dies der Druck, unter dem das Wasser im Schlauch steht.

Ähnlich einer rauen Oberfläche durch die der Fluss des Wassers im Schlauch gebremst wird, gibt es auch im Bereich des Stroms einen Widerstand, der den Fluss der Elektronen behindert, auch als ohmscher Widerstand bekannt. Widerstände können jedoch durch einen höheren Druck leichter überwunden werden. Zudem sind sie Schwächer, je kürzer die Strecke ist, die überwunden werden muss. Dies trifft auch auf den Stromfluss zu. Je höher also die Spannung und je kürzer das Stromkabel, desto geringer wird die Wirkung des Widerstands.

Tabelle 1Tabelle 1: Spannung, Stromstärke und Widerstand

1.2           Was beschreiben Leistung und Arbeit?

Stromstärke und Spannung gemeinsam ergeben die Leistung, d.h. sie beschreibt, wie viele Elektronen pro Zeiteinheit mit wie viel Spannung fließen. Um beim Beispiel des Wasserschlauchs zu bleiben, würde dies im Wasserschlauch den Fluss einer bestimmten Menge an Wasser pro Zeiteinheit unter einem bestimmten Druck beschreiben. Die Leistung beschreibt beispielsweise Verbraucher wie Lampen (z.B. 12W) und Erzeuger wie Windrädern (z.B. 5 MW).

Der Begriff Arbeit hingegen beschreibt genau, wie viel Elektronen unter der gegebenen Spannung pro Stunde fließen. Es wird genau bestimmt, wie viel Wasser unter dem gegebenen Druck pro Stunde durch den Schlauch fließt.

Tabelle 2

Tabelle 2: Leistung und Arbeit

Tabelle 3Tabelle 3: Erläuterung der Präfix-Schreibweise bei Leistung und Arbeit

Arbeit beschreibt also einerseits das, was ein Erzeuger, bspw. ein Kraftwerk, in einer bestimmten Zeit an Leistung erzeugen kann. Läuft ein Kraftwerk mit einer Leistung von 1.480 MW, erzeugt es in einer Stunde 1.480MWh Arbeit. Im Folgenden sind einige Beispiele für Leistung und Arbeit für einige Energieerzeuger aufgelistet:

Tabelle 4Tabelle 4: Beispiele für Leistung und Arbeit von Energieerzeugungsanlagen

Andererseits beschreibt Arbeit ebenfalls den Verbrauch von Strom. Eine 60W-Glühlampe, die eine Stunde lang brennt, verbraucht 60Wh. Es folgen einige Beispiele für elektrische Verbraucher:

Tabelle 5Tabelle 5: Beispiele für Leistung und Arbeit von Energieverbrauchern

1.3           Gibt es Energieerzeuger?

Physikalisch betrachtet nicht. Energie kann nur umgewandelt, aber nicht erzeugt werden. Der Energieerhaltungssatz der Physik sagt aus, dass die Gesamtenergie eines abgeschlossenen Systems konstant bleibt. Das bedeutet, dass Energie zwar zwischen den unterschiedlichen Energieformen umgewandelt, nicht aber Energie erzeugt oder vernichtet werden kann. Energieformen sind bspw. Bewegungsenergie, chemische Energie (Wärme), elektrische Energie (Strom) und potentielle Energie (Energie, die ein Körper in einer bestimmten Höhenlage hat. Diese Energie wird bspw. bei Pumpspeicherkraftwerken eingesetzt).

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird trotzdem häufig von Energieerzeugung, Energieverbrauch, Energiesparen gesprochen, weil die Menschen Energie nur in bestimmten Formen nutzen können. Energieumwandlungen geschehen bspw. in Generatoren und Motoren. In Generatoren wird Bewegungsenergie in elektrische Energie umgewandelt. Motoren dagegen verwandeln thermische, chemische oder elektrische Energie in Bewegungsenergie. Kraftwerke bestehen aus mehreren Energiewandlern. So wird Beispielsweise Bewegungsenergie im Fall von Wasser und Windkraftwerken, oder thermische Energie aus chemischer Energie (Verbrennung von Kohle, Öl, Gas, Biomasse) oder Kernspaltung in Bewegungsenergie umgewandelt. Diese Bewegungsenergie wird dann in Generatoren in elektrische Energie umgewandelt wird. Dabei entstehen zudem Verluste in Form von Wärmeenergie.

1.4           Was sind Verluste? Was beschreibt der Wirkungsgrad?

Verluste entstehen bei der Energieumwandlung und bei der Energieübertragung. Wie bei einem Flussbett, das, obwohl darin große Wassermengen über weite Strecken transportiert werden, auch Wasser an den Untergrund abgibt, entstehen auch bei der Stromübertragung Verluste. Je länger das Kabel ist, das heißt, je größer die Distanz zwischen Erzeugung und Verbrauch, desto höher der Stromverlust. Im Falle von Strom entstehen die Verluste durch Wärme, die unvermeidlich entsteht, wenn Strom fließt. Die Verluste sind abhängig vom elektrischen Widerstand und der Stromstärke. Der Widerstand ist abhängig von den verwendeten Materialien und der Technik der Übertragung. Als Verluste, oder genauer Verlustleistung, bezeichnet man die Differenz von zugeführter und abgegebener Leistung. Der Begriff Wirkungsgrad  beschreibt die Effizienz von Energieumwandlungen  und Energieübertragungen. η (Eta) ist das Zeichen für den Wirkungsgrad. Er ist eine dimensionslose Größe und hat immer einen Wert zwischen 0 und 1, bzw. zwischen 0 und 100 Prozent. Dies ist die Folge des unter 1.3 beschriebenen Energieerhaltungssatz, also der Tatsache, dass die abgegebene Energie nie größer sein kann als die zugeführte. Der Wirkungsgrad ist generell das Verhältnis von abgegebener Leistung (Ρab= Nutzleistung) zu zugeführter Leistung (Pzu).

Wenn Energieumwandlungen betrachtet werden, ist der Wirkungsgrad das Verhältnis von abgegebener Energie (Eab = Nutzenergie) zu aufgewendeter bzw. zugeführter Energie (Ezu). Der Wirkungsgrad errechnet sich also mit folgenden Formeln: η = Pab/Pzu bzw. η = Eab/Ezu

Insbesondere bei Energiewandlern ist der Wirkungsgrad von Bedeutung. Ein Energiewandler ist besonders effizient, wenn er von der zugeführten Energie möglichst viel in die gewünschte Energieform umwandelt. In Deutschland liegt der durchschnittliche Wirkungsgrad der konventionellen, fossilen Kraftwerke bei etwas über 30%. Das bedeutet, dass nur 30% der im eingesetzten Rohstoff enthaltenen Energie in Strom umgewandelt wird. Der Rest wird als Abwärme an die Umgebung abgegeben. Dagegen wird bei so genannten Blockheizkraftwerken oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (kurz: KWK-Anlagen) sowohl Strom erzeugt als auch die entstehende Abwärme genutzt, entweder für industrielle Prozesse oder für die Heizung von Wohngebäuden über Nah- oder Fernwärmeleitungen. Solche Anlagen haben einen elektrischen (ηel) und einen thermischen Wirkungsgrad (ηth).

In Tabelle 6 sind beispielhaft einige Wirkungsgrade von Kraftwerken aufgelistet.

Tabelle 6Tabelle 6: Beispiele für Wirkungsgrade von Kraftwerken

1.5           Was ist der Unterschied zwischen Wechselstrom und Gleichstrom?

Bei Gleichstrom gibt es einen festen Plus– und einen festen Minuspol. Zwischen diesen beiden Polen läuft der Fluss des Stroms, d.h. die Elektronen bewegen sich vom Minuspol zum Pluspol.

Bei Wechselstrom wechseln die Pole, die Stromstärke, die Spannung und die Flussrichtung periodisch (Sinuskurve). Wechselstrom wird deshalb verwendet, weil er relativ einfach auf unterschiedliche Spannungsebenen transformiert werden kann.

Das europäische und deutsche Netz haben hierbei eine Frequenz von 50 Hertz, d.h. 50 mal pro Sekunde wechseln die Pole.

1.6           Was ist Drehstrom?

 

Abbildung 1: Phasenverschiebung beim Drehstrom

Drehstrom, auch Dreiphasenwechselstrom, ist eine Art von Wechselstrom und wird in Europa zur Übertragung von Strom im Netz verwendet. Bei Drehstrom gibt es drei verschiedene Wechselströmungen, die alle phasenverschoben zu einander durch drei Leitungen laufen, d.h. jeder einzelne Stromkreislauf ist in sich mit 50 Hertz getaktet, die drei Stromkreisläufe haben jedoch zueinander eine Verschiebung der 50 Hertz-Frequenz.

Neben den Leitungen für die drei Wechselströmungen besitzt jede Stromleitung auch noch einen so genannten Neutralleiter. Der Neutralleiter ist mit allen drei Wechselstromleitungen verbunden und führt, wenn alle drei Leitungen eine gleiche Stromstärke aufweisen, keinen Strom. Falls es Unterschiede zwischen den Leitungen gibt, gleicht er diese aus.

Drehstrom hat den Vorteil, dass durch die Bündelung von drei Leitungen eine nicht unerhebliche Menge an Material gespart wird. Bei Wechselstrom müssten für die gleiche Leistung sechs Leitungen verwendet werden.

1.7           Was ist der Unterschied zwischen Grund-, Mittel- und Spitzenlast?

 

Abbildung 2: Stromnachfrage und Angebot im Stromversorgungssystem mit konventionellem Kraftwerkspark

Im Stromversorgungssystem mit einem konventionellen Kraftwerkspark wird zwischen Grund,- Mittel- und Spitzenlast unterschieden. Die Grundlastkraftwerke laufen demnach fast immer, auch wenn der Strom gar nicht gebraucht wird. Das führte dazu, dass in Deutschland Nachtspeicherheizungen durch die Energieversorger gefördert wurden, da so Verbraucher für den überflüssigen Strom gefunden wurden. Das gleiche Phänomen sorgte für beleuchtete Autobahnen in Belgien. Grundlastwerke sind vor allem Braunkohle-, Atom- und Laufwasserkraftwerke, die kaum regelbar sind.

Steigt die Nachfrage über das Grundlaststromangebot hinaus, werden zunächst die Mittellastkraftwerke angefahren. Mittellastkraftwerke sind typischerweise langsam regulierbare Steinkohlekraftwerke.

Zu Spitzenzeiten, beispielsweise mittags, wird Spitzenlaststrom ins Netz gespeist, um die kurzzeitig erhöhte Nachfrage zu decken. Spitzenlast wird durch schnell regelbare Gaskraft-, Pumpspeicher- oder Druckluftspeicherkraftwerke bereitgestellt.

1.8           Passen Erneuerbare Energien zu Grundlastkraftwerken?

In einem Stromversorgungssystem mit einem großen Anteil Erneuerbarer Energien ändern sich die in 1.7 dargestellten Parameter.

 

Abbildung 3: Stromnachfrage und Angebot in einem Stromsystem mit hohem Anteil Erneuerbarer Energien

In ganz Europa gibt es einen garantierten Vorrang für erneuerbaren Strom im Netz, so dass diese Einspeisung nun Grundlage für das Anfahren weiterer Stromkapazitäten ist. Die Differenz zwischen der Nachfrage und dem eingespeisten Erneuerbaren Strom wird als Residuallast bezeichnet. Hier sind flexible Mechanismen wie Speicherung, Stromhandel und schnell regelbare Gaskraftwerke gefragt. Grundlage für das Kraftwerksmanagement ist nun die Differenz aus der Einspeisung von Erneuerbaren und der Nachfrage. Daraus ergibt sich, dass Kraftwerke im Gegensatz zum System mit überwiegend konventionellem Kraftwerkspark, wie in Abbildung 2 dargestellt, nun nicht mehr kontinuierlich benötigt werden. Aus Abbildung 3 wird ersichtlich, dass fossile Kraftwerke in einem System mit hohem Anteil Erneuerbarer Energien  häufiger hoch- und runtergefahren werden, folglich weniger Betriebsstunden pro Jahr aufweisen können und damit eine geringere Wirtschaftlichkeit. Grundlast im herkömmlichen Sinne gibt es nicht mehr. In Abbildung 3 wird zusätzlich dargestellt, dass die Stromnachfrage sich ändert und beispielsweise keine typischen Mittagsspitzen mehr hat. Dies geschieht durch die gezielte zeitliche Verschiebung. Dies wird in Zukunft durch intelligente Steuerungen von elektrischen Verbrauchern in der Industrie, aber möglicherweise auch im Privathaushalt, durchgeführt. Begriffe wie Lastmanagement, Demand-Side-Management oder auch Smart Grids (intelligente Netze) beschreiben diese zeitliche Verschiebung der Last in Abhängigkeit  vom vorhandenen Stromangebot.

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2           Das Stromnetz

2.1           Welche Struktur hat das deutsche Stromnetz?

 

Abbildung 4: Schematische Darstellung des deutschen Stromnetzes

Das Stromnetz in Deutschland ist ursprünglich für eine zentrale Versorgung durch Großkraftwerke konzipiert worden: Im Übertragungsnetz, wegen der hohen Spannung auch Höchstspannungsnetz genannt, werden große Leistungen über große Entfernungen von den Kraftwerken zu Verbrauchsschwerpunkten transportiert. Auf den dann folgenden Verteilnetzebenen, den Hoch-, Mittel- und Niederspannungsnetzen, wird der Strom immer kleinteiliger verteilt, bis er im Niederspannungsnetz in den Städten bei jedem einzelnen Haus ankommt. Vereinfacht gesagt ist der Stromfluss in diesem Netz eine Einbahnstraße gewesen.

Durch den Zubau von Erneuerbaren Energien werden diese Einbahnstraßen nun in zwei Richtungen benutzt: Dort, wo früher nur Strom verbraucht wurde, wird nun beispielsweise mit Windenergie- oder Solarstromanlagen Energie erzeugt und drückt in das Netz. Die Lastflüsse kehren sich um und zeitweise fließt der Strom von den unteren in die oberen Spannungsebenen.

Ein solch geänderter Anspruch an das Netz hat natürlich Änderungen bei der Netzplanung zur Folge. Hierbei ist eindeutig zwischen den unterschiedlichen Spannungsebenen zu unterscheiden.

Kurzfristig ist vielerorts der Ausbau des Verteilnetzes notwendig, damit die Anlagen der Erneuerbaren Energien angeschlossen werden können und die Verteilung in der Stadt oder Region möglich ist. Dieser Netzausbau wird durch die örtlichen Verteilnetzbetreiber, häufig Stadtwerke und deren Netzgesellschaften, geplant und durchgeführt.

Regionale Unterschiede im Ausbau der Erneuerbaren Energien führen dazu, dass ein Ausbau des Übertragungsnetzes notwendig ist.

2.2           Warum gibt es unterschiedliche Spannungen im Netz?

Innerhalb des deutschen Netzes gibt es unterschiedliche Spannungsebenen  (Höchstspannungsnetz, Mittelspannungsnetz, Niederspannungsnetz). Unterschiedliche Spannungsebenen sind von Vorteil, da höhere Spannungsebenen den Transport von Strom vereinfachen und zu weniger Verlusten führen. Denn die Verluste hängen vom Widerstand und quadratisch von der Stromstärke ab, d.h. je höher der Widerstand und die Stromstärke, desto höher die Verluste. Der Widerstand wird jedoch geringer (siehe 1.1), je höher die Spannung ist. Somit kann durch eine höhere Spannung der Widerstand gesenkt und die Verlustrate reduziert werden. Zur Weiterleitung an den Endverbraucher wird die Spannung dann wieder reduziert.

2.3           Wie wird sichergestellt, dass es zu keinen Stromausfällen kommt?

Es gibt vier Systemleistungen, die die Netzbetreiber erbringen, um Verlässlichkeit bei der Stromversorgung zu gewährleisten: Frequenzhaltung, Spannungshaltung, Versorgungswiederaufbau und Betriebsführung.

Ein Abweichen von der Frequenz geschieht, wenn die Stromeinspeisung und Stromnachfrage nicht deckungsgleich sind. Deshalb wird Reserveleistung aktiviert, um mit einer kurzfristigen Steigerung der Kraftwerksleistung die Stromnachfrage abdecken zu können. In schweren Ausnahmen kann es auch zum Lastabwurf kommen, d.h. große Verbraucher oder bestimmte Gebiete werden zwangsweise vom Stromnetz getrennt, um die Frequenz halten und die Nachfrage senken zu können. Es gibt inzwischen auch Überlegungen, es zu ermöglichen, die gezielte Bereitstellung von Lastabwurf für den Markt für Regelleistung zuzulassen.

Der Netzbetreiber muss zudem dafür sorgen, dass die Spannung in seinem Netz konstant bleibt. Die Spannung ist abhängig von einer ausgeglichenen Blindleistungsbilanz (siehe 2.6).

Als Versorgungswiederaufbau werden Maßnahmen bezeichnet, die zur Eingrenzung von Störungen bzw. zur Sicherung der Versorgung dienen. Hierzu gehören auch vorbeugende Maßnahmen, um beim Auftreten von Störungen (n-1) oder Großstörungen (n-2), weiterhin die Versorgung gewährleisten zu können. Das (n-1)-Kriterium (Sprich: „n minus eins“) bedeutet, dass das Netz (n) auch im Fall eines Ausfalls (-1) einer Leitung oder eines Transformators noch eine Versorgung sicherstellen kann. Dementsprechend gilt dies für Großstörungen (n-2) für zwei technische Einrichtungen.

Die Betriebsführung beinhaltet den koordinierten Einsatz von Kraftwerken (Primär– und Sekundärregelung, Minutenreserve) und die Netzführung über eigene Leitstellen. Außerdem zählen hierzu auch die Zählung und Verrechnung aller erbrachten Leistungen sowie Messungen an Übergabestationen.

2.4           Wie oft kommt es zu Stromausfällen?

In Deutschland gibt die Bundesnetzagentur jährlich Daten über die Nichtverfügbarkeit von Strom für den Endverbraucher heraus. Im Jahr 2010 waren dies durchschnittlich 14,90 Minuten, im Jahr 2007 noch 23 Minuten. Zwei unterschiedliche Werte ermöglichen die Vergleichbarkeit der Verfügbarkeit von Strom. Der SAIDI-Wert beschreibt die Dauer der Unterbrechungen pro Jahr und Verbraucher und wird aus der Summe aller Unterbrechungen in Minuten, dividiert durch die Anzahl der Verbraucher, ermittelt. Der SAIFI-Wert gibt an, wie viele Unterbrechungen statistisch pro Verbraucher pro Jahr auftreten.

Tabelle 7Tabelle 7: Vergleich der Verfügbarkeitsindizes im Jahr 2007

2.5           Wie funktioniert die Bereitstellung von Regelleistung?

Um die Frequenz aufrechterhalten zu können, müssen Stromeinspeisung und Stromnachfrage zu jedem Zeitpunkt ausgeglichen werden. Deshalb muss innerhalb kürzester Zeit die Stromproduktion erhöht werden können, wenn die Nachfrage kurzfristig ansteigt. Umgekehrt ist ebenfalls eine kurzfristige Reduktion der Stromproduktion notwendig, wenn die Nachfrage kurzfristig sinkt. In diesem Fall spricht man von negativer Regelleistung.

Um diese kurzfristigen Veränderungen gewährleisten zu können, wird auf drei verschiedenen Märkten Leistung nachgefragt, die dann innerhalb kürzester Zeit – Sekunden, Minuten, Viertelstunden –abgerufen werden kann, um das Netz zu stabilisieren.

Die Primärreserve dient dazu, einen Frequenzabfall oder eine Frequenzsteigerung umgehend aufzufangen. Sie wird automatisch innerhalb von 30 Sekunden bei größeren Schwankungen der Frequenz aktiviert, um diese auszugleichen. Die Primärreserve ist maximal für die ersten 15 Minuten aktiv. Dies geschieht entweder durch eine Steigerung oder ein Absenken der Stromproduktion.

Die Sekundärreserve gleicht Leistungsungleichgewichte innerhalb der Regelzone automatisch innerhalb von fünf Minuten aus. Ähnlich wie die Primärreserve wird sie automatisch nach 30 Sekunden aktiviert.

Die Minutenreserve wird manuell aktiviert, um die Sekundärreserve zu unterstützen. Sie muss innerhalb von 15 Minuten nach Abruf bereitgestellt werden.

Die Regelleistung der Primär- und Sekundärreserve wird durch die gleichen Kraftwerke oder Speicher gedeckt, mit der die Spitzenleistung bereitgestellt wird (s. 1.7). So halten zum Beispiel Pumpspeicherkraftwerke oder Gasturbinen einen Teil ihrer Kapazität zur Reserve. Man könnte also davon sprechen, dass es planbare und nicht planbare Spitzenlast gibt, wobei letztere die Notwendigkeit der Regelleistung notwendig macht.

Nachdem die Versorgungssicherheit durch Primär-, Sekundär- sowie Minutenreserve gewährleistet wurde, muss nun innerhalb des Bilanzkreises die Stromproduktion mit dem Stromverbrauch wieder abschließend in Einklang gebracht werden, indem die Stromeinspeisung an die Stromnachfrage angepasst wird. Die Übertragungsnetzbetreiber haben Deutschland in einzelne Bilanzkreise unterteilt, die Stromeinspeise- sowie Stromentnahmepunkte bündeln. Für jeden Bilanzkreis wird ein Lastprofil erstellt, das Einspeisung und Verbrauch beschreibt. Wenn von diesem abgewichen wurde, wird zunächst auf die Reserveleistung zurückgegriffen. Allerdings müssen für die langfristige Stabilisation des Bilanzkreises innerhalb einer Stunde die Stromeinspeisung und der Stromverbrauch wieder durch den Übertragungsnetzbetreiber des Bilanzkreises in Einklang gebracht werden.

Abbildung 5: Primär-, Sekundär- und Minutenreserve

Alternativ zur kurzfristigen Erhöhung der Kraftwerksleistung könnte auch die Nachfrage, also der Verbrauch, reduziert werden. Dies geschieht aktuell in Deutschland allerdings nur im äußersten Notfall durch so genannten Lastabwurf von einzelnen Regionen oder Großverbrauchern. Der umgekehrte Fall der kurzfristigen Verbrauchserhöhung ist ebenfalls denkbar, aktuell jedoch nicht umsetzbar. Bei einer deutlich erhöhten Einspeisung von Erneuerbaren Energien, die weniger steuerbar sind als konventionelle Kraftwerke, wird eine Steuerung der Regelleistung durch die Verbrauchsseite in Zukunft üblicher werden und ist mit intelligenten Steuerungen und entsprechenden Rahmenbedingungen möglich.

2.6           Was ist Blindleistung und wofür brauchen wir sie?

Abbildung 6: Übertragene Darstellung von Schein-, Blind- und Wirkleistung

Die im Netz befindliche Leistung wird insgesamt als Scheinleistung bezeichnet, denn ähnlich wie in einem Bierglas, in dem Bier und Schaum sind, kann nur ein Teil der Leistung (Wirkleistung) wirklich verwendet werden. Wie der Schaum, der im Glas Platz einnimmt und so verhindert, dass das Glas bis oben mit Bier gefüllt werden kann, reduziert Blindleistung den Platz im Netz für die Wirkleistung. Nur Wirkleistung ist nutzbar und kann somit im Haushalt und der Industrie eingesetzt werden.

Blindleistung entsteht beim Endverbraucher durch Spulen und Kondensatoren, die für eine Phasenverschiebung zwischen Spannung und Stromstärke sorgen, d.h. dass Spannung und Stromstärke beim Wechselstrom nicht mehr synchron, sondern verschoben sind. Deshalb ist Blindleistung nicht nutzbar. Es gibt zwei Arten von Blindleistung: Induktive Blindleistung und kapazitive Blindleistung. Beide Arten zeichnen sich durch eine Verschiebung zwischen Spannung und Stromstärke aus, jedoch ist die Verschiebung entgegengesetzt. Induktive und kapazitive Blindleistung gleichen sich daher aus. Die Endverbraucher speisen zumeist induktive Blindleistung in das Netz ein. Um diese auszugleichen, müssen Kraftwerke kapazitive Blindleistung in das Netz einspeisen, damit möglichst wenig Blindleistung im Netz vorliegt.

Bei Erneuerbaren Energien ist die Scheinleistung üblicherweise gleich der Wirkleistung, d.h. von sich aus wird keine Blindleistung produziert. Da jedoch, je mehr Erneuerbare Energien in den Markt drängen, immer weniger Kraftwerke Strom produzieren und somit auch die Einspeisung von kapazitiver Blindleistung wegfällt, würde ohne zusätzliche Einspeisung von kapazitiver Blindleistung das Netz immer mehr induktive Blindleistung durch die Endverbraucher und immer weniger Wirkleistung weiterleiten. Deshalb wurden inzwischen Techniken entwickelt, damit auch Erneuerbare Energien kapazitive Blindleistung in das Netz einspeisen und somit die induktive Blindleistung ausgleichen können.

2.7            Benötigen die Freileitungen auf den Strommasten keine Isolierung?

Bei Freileitungen wird als Isolator die Luft zwischen den Leitungen verwendet. Um die Möglichkeit von elektrischen Schlägen möglichst gering zu halten, ist zudem ein großer Abstand zum Boden verpflichtend, sodass die Luft unterhalb der Leitung isoliert.

 2.8           Wem gehört das Netz?

Abbildung 7: Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland

Die Netze liegen in Deutschland in der Hand der vier Übertragungsnetzbetreiber Tennet, Amprion, 50Hertz und TransnetBW. Bis zur Liberalisierung des Strommarkts 1998 gehörten die Netze den Energieversorgern. Die Vorgaben des so genannten Unbundling sorgten dafür, dass eine Trennung der Netze von der   Energieerzeugung stattfinden musste. Zunächst wurde dies durch die Bildung von unabhängigen Tochterfirmen der Energieversorger erfüllt, mittlerweile wurden die Netzbetreiber zu Anteilen oder komplett verkauft. Ursprünglich gehörte das Netz von 50 Hertz dem Energiekonzern Vattenfall und das Netz von TenneT dem Energiekonzern E.ON. Das Netz von 50 Hertz wurde vom belgischen Netzbetreiber Elia (60 Prozent und operative Kontrolle) und vom Industry Funds Management (40 Prozent) gekauft. Der niederländische Netzbetreiber TenneT kaufte das Netz von E.ON. Das Netz von Amprion gehörte ursprünglich dem Energieversorger RWE. Inzwischen wurde ein Großteil des Unternehmens an Finanzinvestoren verkauft. RWE hält nur noch 25,1 Prozent der Aktien. Der Energieversorger EnBW besitzt immer noch das Tochterunternehmen TransnetWB.

2.9           Wer trägt die Kosten für das Netz?

Die Netzbetreiber erheben in Abstimmung mit der Bundesnetzagentur ein Netzentgelt, das auf den Strompreis aufgeschlagen wird. Dieses Entgelt wird für die Durchleitung des Stroms erhoben und finanziert damit die Systemdienstleistungen sowie den Ausbau und die anfallende Erneuerung des Netzes. Da es sich bei Netzen um ein so genanntes natürliches Monopol handelt, d.h. es gibt überall nur ein Stromnetz, und da eine Doppelstruktur ökonomisch sinnlos wäre, überwacht und überprüft die Bundesnetzagentur die Netzentgelte der Übertragungsnetzbetreiber und muss diese genehmigen. Ohne diese Kontrolle könnten die Übertragungsnetzbetreiber theoretisch eine beliebige Summe wählen, da sie der einzige Anbieter in der jeweiligen Region sind.

Die maximale Rendite für Neuanlagen bzw. Investitionen liegt bei ca. neun Prozent, für Altanlagen bei ca. sieben Prozent.

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3           Alternativen zur konventionellen Stromübertragungstechnik

3.1           Müssen die Leitungen oberirdisch verlegt werden?

Das deutsche Übertragungsnetz besteht zurzeit hauptsächlich aus Freileitungen. Dies ist zum Teil historisch bedingt, zum Teil beruht es aber auch auf den zusätzlichen Kosten, die durch eine Erdverkabelung entstehen.

Da sich Erdkabel im Netz anders verhalten als Freileitungen, muss eine genaue Analyse erfolgen, in wie weit der Einsatz von Erdkabeln auf der gewählten Strecke möglich ist. So muss beispielsweise    die aufgrund der Nähe zum Erdreich entstehende kapazitive Blindleistung des Kabels alle 30 bis 40 km kompensiert werden, d.h. alle 30 bis 40 km muss das Kabel an die Oberfläche geführt werden. Geschieht dies nicht, steigen die Verluste der Energieübertragung enorm an.

Besonders oft wird als Gegenargument für den Einsatz von Erdkabeln die Wirtschaftlichkeit genannt. Denn Erdkabel sind 2 bis 5-mal teurer als Freileitungen.

Tabelle 8Tabelle 8: Vergleich zwischen Freileitung und Erdkabel
Allerdings kann der Einsatz von Erdkabeln dazu führen, dass die Einwände von Bürgerinnen und Bürgern nicht im selben Maße zu einer Verzögerung des Streckenausbaus führen, wie dies beim Einsatz von Freileitungen der Fall sein würde. Meist reicht ein Jahr beschleunigter Einsatz der Trasse aus, um die Mehrkosten des Erdkabeleinsatzes zu kompensieren. Denn meist richten sich die Einwände von Bürgerinnen und Bürgern zum einen gegen eine mögliche Beeinträchtigung des Landschaftsbilds durch  Freileitungen (siehe 4.2), oder gegen das größere magnetische Feld von Freileitungen im Vergleich zu Erdkabeln (siehe 4.1). Der Einsatz von Erdkabeln kann daher eine Kompromisslösung zum Trassenbau durch eine Freileitung darstellen.

3.2           Wann ist es sinnvoll, Hochspannungsgleichstrom-Übertragungs-Leitungen einzusetzen?

Hochspannungsgleichstrom-Übertragungs-Leitungen (auch HGÜ) sind eine relativ neue Entwicklung. Hierbei wird im Gegensatz zum aktuellen Netz kein Wechselstrom sondern Gleichstrom verwendet. Dies hat den Nachteil, dass der Stromfluss auf diesen Netzabschnitten nur in eine Richtung erfolgen kann; es bietet aber den Vorteil, dass, besonders bei langen Strecken, die Verluste geringer sind als bei Wechselstromkabeln. Deshalb werden HGÜ-Leitungen zur Übertragung von Strom auf längeren Strecken (ab 150 km) eingesetzt. In Deutschland sind Modellstrecken für diese Technik vorgesehen. Besonders für höhere Spannungsebenen und den Einsatz als Teil eines Wechselstromnetzes besteht jedoch noch Monitoring- und Forschungsbedarf. HGÜ-Leitungen können ab einer Länge von 150 km gegenüber Freileitungen wirtschaftlich sein und haben geringere Wartungskosten als Freileitungen. Allerdings sind sie nicht für alle Streckenabschnitte sinnvoll einsetzbar und in das Wechselstromnetz sinnvoll integrierbar. In Tabelle 9 sind die Kosten für HGÜ-Kabel dargestellt.

Tabelle 9Tabelle 9: Übersicht HGÜ-Kabel

Ob eine konventionelle Freileitung, eine Erdverkabelung oder eine Gleichstrom-Hochspannungstrasse in Betracht gezogen wird, hängt von den Anforderungen an die jeweilige Leitung ab. Auch die Wirtschaftlichkeit kann u.a. von den Faktoren Länge, Richtung und Leistung unterschiedlich ausfallen. Zudem muss bei HGÜ-Kabeln noch betrachtet werden, ob der Einsatz von Gleichstromtechnik an der gewählten Stelle im Netz sinnvoll ist. Allerdings sollte auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass es sich in manchen Fällen lohnt, höhere Investitionen zu tätigen, um gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort eine sinnvolle Kompromisslösung für den Einzelfall zu finden. Es kann folglich beim Netzausbau nicht nur um eine wirtschaftliche und technische Betrachtung gehen.Tabelle 9: Übersicht HGÜ-Kabel

Abbildung 8: Entwicklung der Kosten von Gleichstrom- und Drehstromübertragung in Abhängigkeit der Übertragungsstrecke

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 4           Auswirkungen auf Mensch und Umwelt

4.1           Das elektrische und das magnetische Feld

Es gibt zwei Arten von Feldern, die um elektrische Leitungen auftreten können: Elektrische und magnetische Felder.

Durch das Vorhandensein von Spannung entsteht ein elektrisches Feld. Durch das elektrische Feld können sich im menschlichen Körper elektrische Ladungen verschieben. Hierbei wird jedoch nur die Köperoberfläche aufgeladen. Elektrische Felder lassen sich relativ leicht mit elektrisch leitenden Materialen abschirmen.

Wenn Strom fließt und die Elektronen sich bewegen, entsteht zusätzlich ein Magnetfeld. Da Magnetfelder nur entstehen, wenn Strom fließt, kann ihre Stärke variieren, abhängig davon, wie groß die Stromstärke ist. Die Einheit Tesla (T) bezieht sich auf das magnetische Feld und beschreibt die Größe der magnetischen Flussdichte, d.h. sie bezeichnet die Flächendichte des magnetischen Flusses, der durch ein bestimmtes Flächenelement hindurchtritt. Der gesetzlich zugelassene Grenzwert bei 50 Hz liegt bei 100 µT (26. BImSchV).

Das deutsche Stromnetz hat eine Frequenz von 50 Hertz. Im gleichen Rhythmus wie der Strom wechselt auch das elektrische und das magnetische Feld die Richtung. 50 Hertz befindet sich im unteren Bereich des elektromagnetischen Spektrums, weshalb von Niederfrequenz gesprochen wird.

Niederfrequente Felder können im menschlichen Körper Strömungen verursachen und somit Auswirkungen auf den Menschen haben. Weiterführende Informationen bietet das Bundesamt für Strahlenschutz: http://www.bfs.de/de/elektro/netzausbau/wirkungen

Der Grenzwert für elektrische Felder liegt bei 5 kV/m. Dieser darf in Bereichen, in denen sich Menschen nicht nur vorübergehend aufhalten, nicht überschritten werden. Bei Höchstspannungsleitungen kann es sein, dass der Grenzwert direkt unterhalb der Leitung nicht eingehalten wird. Je weiter die Entfernung zum Strommast, desto geringer wird das elektrische Feld (gelb nach blau in der Grafik).

Abbildung 9: Schematische Darstellung von elektrischem (links) und magnetischem Feld (rechts)

Magnetische Felder sind schwer abzuschirmen. Sie werden weder von Hauswänden noch vom menschlichen Körper abgeblockt. Bei Freileitungen übersteigt das magnetische Feld 40 Meter von der Trassenmitte entfernt den Wert von 1 Mikro-Tesla (µT) gewöhnlich nicht mehr (gelb nach blau in der Grafik). Als Vergleich hierzu: In Häusern beträgt die Hintergrundstrahlung durch Kabel und Geräte, gewöhnlich ca. 0,1 µT.

Elektrische Felder werden durch die Erde oder gewöhnliche Baumaterialen abgeschirmt. Magnetfelder hingegen nicht.

Bei Erdkabeln wird einen Meter über dem Boden ein höheres magnetisches Feld als direkt unter einer entsprechenden Freileitung gemessen. Es schwächt sich aber zur Seite hin schnell ab; schon zwei Meter von der Kabel-Mittellinie entfernt beträgt es weniger als 1 µT. Dies ist besonders in bewohnten Gebieten ein Vorteil von Erdkabeln, da das magnetische Feld schneller abnimmt (gelb nach blau in der Grafik).

Abbildung 10: Schematische Darstellung des magnetischen Felds eines Erdkabels

Bei HGÜ-Leitungen gibt es praktisch kein elektrisches Feld, zudem bildet sich nur ein statisches magnetisches Feld heraus, das sich, anders als bei Erdkabeln oder Freilandleitungen, nicht verändert. Das Feld ist zudem kleiner als das Erdmagnetfeld. Auch die Umrichterstationen, die verwendet werden, um die HGÜ-Leitungen in das Wechselstromnetz zu integrieren, weisen ein magnetisches Feld innerhalb der zulässigen Richtwerte auf.

4.2           Landschaftseingriff

Bei Freileitungen wird das Landschaftsbild weithin sichtbar durch Masten und Überlandleitungen geprägt. Oft wird dies als störend empfunden. Allerdings kann die Fläche unter den Masten für verschiedenste Nutzungen verwendet werden.

Bei Erdkabeln und HGÜ-Kabeln müssen hingen die Strecken zugänglich und frei von tief wurzelndem Bewuchs bleiben. Deshalb entstehen in Waldgebieten, durch die Erdkabel verlaufen, Schneisen. Im Falle von Feldern und Wiesen hingegen ist der Eingriff nach einem Jahr nicht mehr sichtbar.

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5           Netzausbau

5.1           Warum brauchen wir einen Ausbau des Netzes?

In den letzten Jahren war die Windenergie in Norddeutschland der Antriebsmotor des Ausbaus der Erneuerbaren Energien in Deutschland. In Süddeutschland fand dagegen eher ein Ausbau der Photovoltaik statt, insgesamt jedoch nicht in der gleichen Größenordnung wie in Norddeutschland. Große Verbrauchszentren liegen vor allem in Süddeutschland, wo im Jahr 2011 ebenfalls der Schwerpunkt der Abschaltung von Atomkraftwerken lag. In diesem Ungleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch innerhalb von Deutschland liegt ein Grund von vielen für den notwendigen Netzausbau.

Der stärker gewordene innereuropäische Strommarkt und damit der vermehrte Stromaustausch über die Grenzen tragen ebenfalls einen Anteil.

Der Hauptgrund für den Netzausbau ist der natürliche Investitions- und Erneuerungszyklus der Netze. Nach einer Investitionswelle in den 70er und 80er Jahren, um die damaligen Neubauten der Atomkraftwerke in das Netz zu integrieren, investierten die Übertragungsnetzbetreiber in den vergangenen 20 Jahren deutlich weniger, schöpften aber erhebliche Einnahmen ab. Nun steht ein neuer Investitionszyklus in die Stromnetze an: Leitungen müssen ersetzt und neugebaut werden. Zudem sind Anpassungen an die aktuelle Versorgungssituation notwendig, die schon längere Zeit anstehen. Hinzu kommt nun aber auch der durch den Atomausstieg und den Ausbau Erneuerbarer Energien notwenige zusätzliche Ausbau des Netzes.

Ein großer Teil des deutschen Netzes befindet sich aktuell in einem Zustand, der auch ohne die veränderten Rahmenbedingungen Erneuerungen nach sich ziehen würde. Diese Investitionen können der Ehrlichkeit halber nicht dem Ausbau der Erneuerbaren Energien zugeschrieben werden.

Das Netz muss zudem so angelegt sein, dass bei einem Störfall (n-1) bzw. bei einem größeren Ausfall (n-2) die Versorgungssicherheit immer noch durch das nicht betroffene Netz gewährleistet werden kann, d.h. z.B. eine andere Leitung den Stromfluss der ausgefallenen Leitung übernehmen kann. Dies kann inzwischen nicht mehr überall gewährleistet werden. Deshalb werden zum Teil neue Leitungen benötigt, um die Entwicklungen bei der Stromeinspeisung (konventionell und erneuerbar) zu berücksichtigen.

Abbildung 11: Das deutsche Höchstspannungsnetz und geplante Trassen
nach EnLAG

Teil des Netzausbaus ist auch der Aufbau von Kapazitäten zur Blindleistungseinspeisung. Da Solar- und Windanlagen „nur“ Wirkleistung produzieren, d.h. nur Leistung, die auch verwendet werden kann, Blindleistung jedoch benötigt wird, um das Netz zu stabilisieren, muss diese mit dem Strom aus Erneuerbaren Energien künstlich erzeugt werden.

5.2           Welche rechtlichen Grundlagen für den Netzausbau gibt es?

Im Mai 2009 beschloss der Bundestag das Gesetz zur Beschleunigung des Ausbaus der Höchstspannungsnetze (Energieleitungsausbaugesetz – EnLAG), mit dem die Planungs- und Genehmigungsverfahren für 24 vordringliche Leitungsbauvorhaben im Höchstspannungs-Übertragungsnetz beschleunigt werden sollen. Dabei wird auch im Rahmen von vier Pilotprojekten die Erdverkabelung von 380kV-Leitungen getestet. Auch im Hochspannungsbereich soll die Erdverkabelung ermöglicht werden, wenn Bau und Betrieb nicht mehr als das 1,6fache einer herkömmlichen Trassenführung kosten.

In den folgenden Jahren wurde der zu geringe Fortschritt der geplanten Trassen kritisiert und infolgedessen im Juli 2011 das Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (NABEG) beschlossen. Es sollen Genehmigungsverfahren zum Bau der Leitungen, die Akzeptanz in der Bevölkerung verbessert und Investitionen gefördert werden. Die gewünschte Beschleunigung soll durch Synergien der bundesweiten Planung erreicht werden. Dazu zählen einheitliche Genehmigungsstandards, einheitliche Verfahren, Vermeidung von Doppelprüfungen sowie begrenzte Verfahrensfristen.

Die bisherigen Verzögerungen im Netzausbau werden häufig Bürgerinitiativen und Verbänden zugeschrieben, was jedoch nicht richtig ist (vgl. Bericht der Bundesnetzagentur für 2010). Vielmehr sind der Gesetzgeber durch lange Beratungsdauer und am Ende dennoch unklare Rechtsnormen sowie die zurückhaltenden, in traditionellen Bahnen operierenden Energienetzbetreiber für einen ausschlaggebenden Teil der bisherigen Verzögerungen verantwortlich. Zudem wird in den Planungsabläufen der Zeitablauf für die Bearbeitung der Einwendungen sowie eine genaue Prüfung der Auswirkungen auf Natur und Umwelt oft zu kurz angesetzt, sodass es zu Zeitverzögerungen in den Planungsabläufen kommt. Ein ausführliches Verfahren ist an dieser Stelle klar zu unterstützen.

In Deutschland sind aktuell etwa 35.000 km Übertragungsnetz in Betrieb. Die im EnLAG befindlichen Trassen haben eine Gesamtlänge von 1.834 km, wovon 425 km auf NRW entfallen. Im Mai 2012 waren 12 Prozent (214 km) der EnLAG-Trassen realisiert.

Basierend auf den rechtlichen Grundlagen des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) sowie des
Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (NABEG) haben die Übertragungsnetzbetreiber 2012 den ersten Netzentwicklungsplan erstellt und werden nun jedes Jahr einen neuen Netzentwicklungsplan für Deutschland erarbeiten. Am Verfahren des Netzentwicklungsplanes gibt  es jeweils Beteiligungsmöglichkeiten für die Öffentlichkeit und die Netzbetreiber. Nach der Prüfung durch die Bundenetzagentur wurden die Ergebnisse des Netzentwicklungsplans 2012 als Grundlage verwendet, um schließlich den Bau bestimmter Verbindungen im Gesetz als Bundesbedarfsplan festzulegen. Der Bundesbedarfsplan wurde 2013 durch den Bundestag beschlossen und damit der Bau der darin aufgeführten Verbindungen bindend.
Die Grüne Bundestagsfraktion hat einen Entschließungsantrag zum Bundesbedarfsplangesetz eingebracht, in dem die GRÜNE Kritik und Positionierung zum Bundesbedarfsplangesetz verdeutlicht wird.

Die Grüne Landtagsfraktion hat hierzu eine Information und Bewertung vorgenommen.

5.3           Wer plant den Netzausbau?

Der Netzausbau wird von den vier Übertragungsnetzbetreibern geplant und die Notwenigkeit der Trassen durch die Bundesnetzagentur überprüft. Schließlich werden die so ermittelten Trassen im Bundesbedarfsplan festgehalten und als Gesetz durch den Bundestag als verbindlich beschlossen.

Die dann beschlossenen Trassen durchlaufen mehrstufige Planungs- und Genehmigungsprozesse. Als erstes wird von den Übertragungsnetzbetreibern ein Vorschlag für den Trassenverlauf erarbeitet. Dieser Vorschlag wird dann dahingehend überprüft, ob die Planungen mit den Zielen der Raumordnung vereinbar sind. Abhängig davon, ob die Planungen nur ein Bundesland oder mehrere betreffen, sind bei den Planungen aus dem Bundesbedarfsplan entweder die Länder oder im Falle von mehreren betroffenen Bundesländern  die Bundesnetzagentur zuständig. Die konkreten Vorgaben für die Planungen des Trassenausbaus sind im Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) 2011 festgeschrieben.

5.4           Sind alle Trassen nötig?

Als Grundlage für den Netzentwicklungsplan und den durch ihn ermittelten Ausbau der Netze werden Szenarien verwendet. Diese Szenarien berücksichtigen eine Vielzahl von Annahmen (Betrieb, Bau und Einspeisung konventionelle Kraftwerke, Ausbau und Einspeisung der Erneuerbaren Energien, etc.) in unterschiedlicher Form. Eines dieser Szenarien wird als das am wahrscheinlichsten zutreffende identifiziert und seine Ausbauplanung als Empfehlung an den Bundestag weitergeleitet. Die anderen Szenarien mit ihren weiteren oder engeren Trassenplänen dienen als Richtschnur, falls die Entwicklungen von den Annahmen im Leitszenario abweichen sollten. Basierend auf der Empfehlung wird dann durch den Bundestag der Bundesbedarfsplan erstellt.

Abhängig davon, welche Annahmen gemacht werden, können folglich unterschiedliche Ergebnisse entstehen. Für das Leitszenario und die damit verbundenen Annahmen sind allerdings alle Trassen notwendig.

Aus unserer Sicht sind einerseits wesentlich mehr Szenarien nötig, um mehr mögliche Entwicklungen betrachten zu können. Andererseits erscheint mindestens eine Darlegung der Gründe für den Ausschluss bestimmter Überlegungen sinnvoll. Der Vorteil der Erneuerbaren Energien ist, dass sie dezentral, verbrauchsnah und in kleineren Einheiten den benötigten Strom produzieren können. So muss der Strom in vielen Fällen nicht mehr über weite Strecken transportiert werden. Zudem können
unterschiedliche Wetterverhältnisse der Regionen ausgenutzt werden. Dies heißt jedoch nicht, dass damit auf ein leistungsfähiges europäisches Stromnetz verzichtet werden kann. Denn nur damit kann auch beim Übergang zur Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien am kostengünstigsten der Ausgleich zwischen Erzeugung und Verbrauch geleistet werden. Je größer das Gebiet, auf dem sich die Erneuerbaren-Energien-Anlagen verteilen, desto eher sind Verbrauchs- und Wetterschwankungen ausgleichbar. Deshalb ist es sinnvoll, eine bundesweite Bedarfsplanung zu machen, um so den Netzbedarf deutschlandweit auch in Bezug auf die Integration in das europäische Netz ermitteln zu können.

5.5           Wo bekomme ich weitere Informationen zum Netzausbau in meiner Region?

Die Firma Amprion hat auf ihrer Internetseite eine Auflistung der aktuellen Ausbauprojekte sowie den aktuellen Stand der Projekte veröffentlicht (http://www.amprion.net/netzausbau/leitungsbauprojekte). Auch die Firma TenneT hat für ihre Planungen zur Trasse Suedlink eine eigene Webseite eingerichtet. Der Stand der Planung kann unter folgendem Link abgerufen werden http://suedlink.tennet.eu/home.html. Zudem werden Planfeststellungsverfahren bei der jeweiligen Planungsbehörde (Bezirksregierung bzw. Regionalverband) beantragt und durchgeführt. Informationen zu den Planungen in den einzelnen Regierungsbezirken können unter folgenden Links abgerufen werden:

Bezirksregierung Detmold                                                        

Bezirksregierung Arnsberg

Regionalverband Ruhr

Bezirksregierung Düsseldorf

Bezirksregierung Köln

Zudem ist die Bundesnetzagentur in die Arbeiten am Netzentwicklungsplan eingebunden sowie für die Bundesfachplanung zuständig. Weitere Informationen können unter folgendem Link abgerufen werden:
http://www.netzausbau.de

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6           Hinweise, Quellen und Links

Dieses FAQ will Klärungsbausteine für ein energiepolitisch hoch relevantes Themenfeld zur Verfügung stellen. Es ist oft ein an Begriffen abgearbeitetes energiepolitisches Erfahrungspapier, welches über einen längeren Zeitraum hinweg entstanden ist. Es schließt auch gelesene und gedachte Erkenntnisse ein, deren exakte Quellen nicht mehr zu benennen sind.

Ferner weisen wir darauf hin, dass im Sinne einer besseren Lesbarkeit und der Verständlichkeit einfache Vergleiche und im allgemeinen Sprachgebrauch übliche Begriffe benutzt wurden, die teilweise von den wissenschaftlichen Begrifflichkeiten abweichen. Dadurch entstehen im physikalischen Sinne eventuell Ungenauigkeiten. Da dieser Fragenkatalog gerade auch für das Verständnis von Laien erstellt wurde, musste dies in Kauf genommen werden. Er konkurriert also nicht mit anderen wissenschaftlichen Publikationen. Alle Expertinnen und Experten bitten wir um Verständnis.

Die einzelnen Stichwörter wurden aus unterschiedlichen Quellen zusammengestellt, d.h. z. T. auch wörtlich zitiert oder paraphrasiert, sowie aufgrund eigener Recherche, Forschung und Erfahrung selbst formuliert. Auch wenn die Nennung aller Quellen nicht möglich ist, so seien insbesondere genannt:

www.unendlich-viel-energie.de

http://www.netzausbau.de/

http://www.elektronik-kompendium.de/

http://www.energieverbraucher.de

http://www.umweltbundesamt-daten-zur-umwelt.de/umweltdaten/public/document/downloadImage.do?ident=22578

http://www.forum-netzintegration.de

http://www.netzausbau-niedersachsen.de/freileitungen/alte-freileitungen/index.html

http://www.bfs.de/de/elektro

http://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Allgemeines/Presse/Pressemitteilungen/2010/100125VersorgungsicherheitENetzeId18075pdf.pdf?__blob=publicationFile&v=3

Tabellen:

Tabelle 6: Bundesverband Braunkohle DEBRIV, Wikipedia

Tabelle 7: http://www.galvinpower.org/sites/default/files/Electricity_Reliability_031611.pdf

Tabelle 8: http://www.forum-netzintegration.de/, http://www.netzausbau-niedersachsen.de/

Abbildungen:

Abbildung 1: www.elektronik-kompendium.de

Abbildung 2: www.unendlich-viel-energie.de

Abbildung 3: www.unendlich-viel-energie.de

Abbildung 4: www.unendlich-viel-energie.de

Abbildung 11: www.unendlich-viel-energie.de

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