Die Potentiale und Perspektiven von Wasserstoff für die Energiewende in NRW lockten etwa 120 Personen am 8. November in den Plenarsaal des Landtags. Führende Expertinnen und Experten gaben Einblicke in ihre Forschung und Projekte und diskutierten mit Politik und Publikum über Rahmenbedingungen, Chancen und Risiken.
Dr. Thomas Kattenstein von der EnergieAgentur.NRW gab mit seinem Vortrag den Anwesenden einen Überblick für welche Anwendungen Wasserstoff heute in welchen Mengen genutzt wird, welche Anwendungen in Zukunft möglich werden könnten, aber auch welche Kapazitäten an Wasserstoffproduktion dafür notwendig wären.
Anschließend warfen Forschende und Vertreter von Unternehmen Schlaglichter auf sechs aktuelle Themen der Forschung, unternehmerische Ansätze und mögliche Einsatzfelder, wie etwa zur CO2-Emissionsreduktion in der Stahlproduktion oder in der Mobilität. Besondere Herausforderung: Sie hatten nur jeweils 3 Minuten für ihren Vortrag, sie mussten sich also in ihrem „Elevator Pitch“ auf die wichtigsten Aspekte konzentrieren. In den anschließenden Rückfragen aus dem Publikum wurde deutlich, welche Fragen den GRÜNEN beim Thema Wasserstoff besonders am Herzen liegen: Wie stellen wir sicher, dass der Einsatz von Wasserstoff auch tatsächlich dem Klima nutzt? Wie schaffen wir es, dass möglichst viel von dem notwendigen Wasserstoff in Deutschland mit Erneuerbarem Strom hergestellt werden kann? Gibt es Anwendungen, die gegenüber anderen priorisiert werden müssen?
Der Herausforderung der Elevator-Pitches stellten sich:
- H2 IN DER (GRUNDSTOFF-)INDUSTRIE
Clemens Schneider, Wuppertal Institut - KLIMASCHUTZ IN DER INDUSTRIE
Prof. Dr. Görge Deerberg, Fraunhofer UMSICHT - H2 IN DER STAHLERZEUGUNG
Dr. Markus Schöffel, thyssenkrupp AG - WASSERSTOFF IN DER MOBILITÄT
Prof. Dr. Detlef Stolten, Forschungszentrum Jülich - ERZEUGUNG VON GRÜNEM WASSERSTOFF IN STEINFURT-HOLLICH
Jan-Hendrik Wolke, Unternehmer, e-Wolke - AUTOMATISIERUNG SOLARTHERMISCHER WASSERSTOFFERZEUGUNG
Prof. Dr. Jörg Lampe, Rheinische FH Köln
In der anschließenden Pause wurden die Diskussionen an Thementischen intensiv fortgesetzt, wie an den vielfältigen Hinweisen für unsere weitere Arbeit auf beschreibbaren Papiertischdecken deutlich wurde.
Den politischen Teil eröffnete Staatssekretär Christoph Dammermann, der die Sicht auf und die Aktivitäten der Landesregierung für die Wasserstoffwirtschaft darstellte. Hier wurde deutlich, dass NRW zumindest im Vergleich der Bundesländer zu den Vorreitern gehört. Dies zeige sich nicht nur an der breiten und über das ganze Land verteilten Forschungslandschaft, sondern auch an Aktivitäten wie dem Förderwettbewerb der Landesregierung für eine Modellregion Wasserstoff, welcher aktuell läuft. Der Staatssekretär betonte aber auch, was bereits in der Energieversorgungsstrategie anklang: Die Landesregierung ist überzeugt, dass der notwendige Strom für die Wasserstoffherstellung zukünftig nicht allein in NRW produziert werden kann und in der möglichst großen Ausnutzung der heimischen Potenziale erneuerbarer Energien kein Schwerpunkt der Strategie der Landesregierung liegt.
Diese Position blieb in der abschließenden Podiumsdiskussion nicht unwidersprochen. Der Vizefraktionsvorsitzende der GRÜNEN Bundestagsfraktion Oliver Krischer stellte klar, dass die entscheidende Frage bei der Bewertung des Klimaschutzbeitrags von Wasserstoff die Herkunft der Energie zur Wasserstoffherstellung ist. Dafür sei die Basis nun einmal der Ausbau der erneuerbaren Energien, der aktuell weder von der Landesregierung noch der Bundesregierung ausreichend unterstützt werde. Zudem forderte er, sich auf die Sektoren und Einsatzbereiche zu konzentrieren, wo es kaum Alternativen zur Nutzung von Wasserstoff gibt, wie beispielsweise in der Industrie, dem Luftverkehr oder dem Schwertransport. Nähere Informationen sind in den Eckpunkten einer GRÜNEN Wasserstoffstrategie zu finden.
Auch Hendrick Becker, Vorstandsmitglied des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW forderte, dass zunächst möglichst viel erneuerbarer Strom in Deutschland erzeugt werden müsse, bevor Wasserstoff aus anderen Weltgegenden importiert werde und auch dann nur unter Einhaltung klarer Nachhaltigkeitskriterien.
Frau Prof. Heinzel, Geschäftsführerin des Zentrums für Brennstoffzellentechnik, schloss sich dieser Forderung an und stellte klar, dass die Technologien vorhanden seien und nun mit passenden politischen Rahmenbedingungen der Schritt in die Breitenanwendung gemacht werden müsse.
Herr Beddinge verwies für unternehmer nrw darauf, dass für die Unternehmen die Entscheidung für oder gegen Investitionen in Wasserstoff vornehmlich von der dauerhaft ausreichenden Verfügbarkeit von Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen abhänge und weniger von der Herkunft oder der Qualität in klimapolitischer Hinsicht.
Die Veranstaltung zeigte, dass es gerade im Industrieland NRW einen großen Bedarf an erneuerbar erzeugtem Wasserstoff geben wird, damit auch Branchen wie Chemie und Stahl in den kommenden Jahrzehnten klimaneutral werden können. Wie groß genau die Bedarfe sein werden, ist zwar noch nicht abschließend geklärt, dass dafür der Ausbau Erneuerbarer Energien auch in NRW schnell und deutlich anziehen muss, gilt mit Blick auf die diskutierten Größenordnungen und ungeklärten Importinfrastrukturen jedoch umso mehr. Leichtfertig heimische Potenziale für eine klimaneutrale Energieversorgung ungenutzt zu lassen, wie dies Landes- und Bundesregierung aktuell tun, bleibt vor diesem Hintergrund unverständlich.
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