Klimaschutz

Das war der NRW Klima-Kongress

Auf meinem Youtube-Kanal gibt es den NRW-Klimakongress zum Nachschauen.

Fast 350 Menschen waren der Einladung der Grünen Landtagsfraktion gefolgt, um DIE Frage unserer Zeit zu diskutieren. Der Kongress stand unter der Überschrift „Wie NRW auf den 1,5-Grad-Pfad kommt“. So konnten wir Antworten geben und mit den Gästen Lösungswege aufzeigen. Unsere Basis dafür ist die Ende Juni veröffentlichte Studie, die auf fast 450 Seiten zeigt was notwendig, aber auch was technisch möglich ist, um NRW auf den 1,5-Grad-Pfad zu führen. Wir haben damit als Grüne Landtagsfraktion die Arbeit gemacht, die eigentlich die Landesregierung machen müsste.

Der Tag begann mit einem motivierenden Grußwort unserer Fraktionsvorsitzenden Josefine Paul. Sie betonte darin die Verantwortung von NRW und ihrer Landesregierung als Vorbild für ein klimaneutrales Industrieland und stellte die Chancen heraus, die eine konsequente Klimaschutzpolitik für nachhaltigen Wohlstand bedeuten.

Spannende Vorträge und Diskussionen spannten den Bogen

In ihrem Beitrag „Gesamtkonzept statt Klein-Klein: Wie zukunftsfähige Wertschöpfung gelingt“ stellte Prof. Dr. Veronika Grimm, Mitglied im Rat der Wirtschaftsweisen, dar, warum marktliche Rahmenbedingungen wie ein CO2-Preis so wichtig für die Transformation sind. Sie betonte auch den Einfluss der landes- genauso wie der kommunalen Ebene für die erfolgreiche Umsetzung der Transformation. Aus ihrer Sicht wäre der konsequente Abbau klimaschädlicher und sozial ungerechter Subventionen der bessere Weg, um im Bundeshaushalt Spielräume für dringend nötige Klimaschutzmaßnahmen zu erhalten, statt die gesetzlichen Schuldenbremsen zu lösen.

Dr. Christoph Bertram vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung machte unter dem Titel „Welche Energie- und Klimapolitik wir für unsere Klimaziele brauchen“ mit Blick auf die parallel stattfindende Klimakonferenz in Glasgow deutlich, wie wichtig beherzter Klimaschutz auf globaler Ebene ist. Gleichzeitig betonte er die Verantwortung der Industrienationen, mit einem schnellen Ausbau der Erneuerbaren Energien und dem Ausstieg aus fossilen Energieträgern als Beispiel voran zu gehen.

Karl-Martin Hentschel, Autor der Studie „Wie kann Nordrhein-Westfalen auf den 1,5-Grad-Pfad kommen?“ im Auftrag der Grünen Landtagsfraktion, stellte die wichtigsten Ergebnisse der Studie dar. Er betonte die Chancen einer mutigen Transformation. Die technologischen Optionen seien weitgehend vorhanden, jetzt komme es darauf an, dass die Landesregierung die richtigen Weichen stellt.

Die Präsentationen aller drei Vortragenden können unten abgerufen werden.

Diese Überzeugung spiegelte sich auch in der anschließenden Diskussionsrunde wider. Wie weit die aktuelle Landesregierung davon allerdings entfernt ist zeigt das Beispiel Windenergie. Wibke Brems, die für die Grüne Landtagsfraktion durch den Tag führte, nannte die Mindestabstandsvorgaben für neue Windenergieanlagen einen Bärendienst auch für andere notwendige Infrastrukturmaßnahmen. Zur Akzeptanz, wie auch der neue Ministerpräsident Hendrik Wüst behauptet, tragen sie keineswegs bei.

Podiumsdiskussion mit Dr. Christoph Bertram, Karl-Martin Hentschel und Wibke Brems MdL, Moderation durch Fraktionsvorsitzende Josefine Paul MdL

In den Zukunftsgesprächen wurde es konkret

In Zukunftsgesprächen wurden die Lösungsansätze in den Sektoren Industrie, Wärme, Energie und Verkehr mit Expertinnen und Experten vertieft diskutiert, nachdem die Studienautoren Karl-Martin Hentschel und Steffen Krenzer einen kurzen Überblick über die wesentlichen Ergebnisse in dem jeweiligen Bereich gaben.

In der Diskussion im Zukunftsgespräch Industrie wurde deutlich, dass die Unternehmen in Sachen Klimaschutz der aktuellen Landesregierung um Jahre voraus sind. Sie warten aber auf die richtigen Rahmenbedingungen, um auch endlich in Klimaschutz investieren zu können. Dazu gehört auch, dass alle Bremsklötze beim Ausbau der Erneuerbaren Energien gelöst werden und die nötigen Klimaschutz-Infrastrukturen schnell gebaut werden. So stellte es u.a. Raphael Jonas von der IHK NRW klar. Für den Übergang in eine weitgehende Kreislaufwirtschaft sind laut Prof. Ulrich Schurr vom Forschungszentrum Jülich disruptive Innovationen notwendig. Die Papierindustrie mache sich hier mit einer Forschungsfabrik im engen Schulterschluss mit der Forschung auf den Weg. Andere Branchen müssten ähnliche Wege beschreiten. Barbara Fiala von Evonik Industries mahnte auch bisherige Erfolge der Industrie anzuerkennen, die Produktionsanlagen der Chemieindustrie in NRW seien weltweit vorbildlich in Energie- und Ressourceneffizienz.

Im Zukunftsgespräch Wärme  wurde besonderes Augenmerk auf den Gebäudebestand gelegt. Denn zur Erreichung des 1,5 Grad-Pfades in NRW bedarf es dort es einer Sanierungswelle. Statt wie bisher 1 Prozent zu sanieren müssen 3 Prozent pro Jahr saniert werden. Für die Wärmeversorgung ist es dabei wichtig, die gesamten Quartiere in den Blick zu nehmen, wie Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale NRW betonte. So können nicht nur klimafreundliche Heizungen eingebaut werden, sondern auch effiziente Wärmenetze genutzt werden. Deutlich wurde im Workshop, dass diese Aufgabe nur gemeinsam gemeistert werden kann. Gabriele Poth von er Handwerkskammer Düsseldorf stellte klar, dass das Handwerk qualifiziertes Personal stellen müsse und Eigentümer*innen überzeugt werden müssen, sich zur Erreichung der Klimaziele für den nachhaltigen Austausch ihrer Heizanlagen zu entscheiden. Eine moderierende Rolle kommt den Kommunen zu, hob Pascal Krüger von der Innovation City Management GmbH hervor. Er forderte, dass Klimaschutz kommunale Pflichtaufgabe werde. So stünde Personal und Finanzen verlässlicher zu Verfügung, um zum Beispiel kommunale Wärmepläne zu erstellen.

Im Zukunftsgespräch Verkehr wurde mit zwei Expert*innen darüber diskutiert, wie die Mobilitätswende in den Kommunen in NRW umgesetzt werden kann

Die Aachener Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen erläuterte, dass der ÖPNV in der Stadt sich verdoppeln solle, dafür bedarf es vor allem einer entsprechende Finanzierung und mehr Personal. Die zusätzlichen Betriebskosten, damit mehr Busse und Bahnen fahren, sollten auch vom Land mit getragen werden. Die noch zu bauende Infrastruktur mit Gleisen, Busspuren, Haltestellen und der Neuaufteilung des Verkehrs geht viel zu langsam. Die große Herausforderung sei es, ein gutes Miteinander aller Verkehrsarten hinzubekommen, das erfordere viel Planung und Geld und ist eine große Kommunikationsaufgabe. Aachen stellt insgesamt 130 Millionen Euro für Klimaschutzmaßnahmen auch im Verkehr zur Verfügung, aber das reicht nicht, Bund und Land müssen da stärker unterstützen.

Der erst kürzlich aus Karlsruhe als neuer Verkehrsdezernent nach Köln berufene Ascan Egerer berichtete, wie Karlsruhe in Sachen ÖPNV und Radverkehr eine Spitzenposition erringen konnte. Dies wäre unter anderem der Verdienst der Grünen Landesregierung in Baden-Württemberg, die das Land zu einer Pionierregion für nachhaltige Mobilität machen möchte. Es gebe eine klare Vision, bis 2030 die Emissionen aus dem Verkehrsbereich um 40 Prozent zu reduzieren und es sind auch Maßnahmen hinterlegt. Wichtig sei es, das Thema Radverkehr bei jeder anstehenden Baumaßnahme aufzugreifen und gute Radinfrastruktur umzusetzen. Verkehrsvermeidung, Stadt der kurzen Wege, Verlagerung der Verkehre auf den Umweltverbund, Themen bei denen alle Kommunen nach Lösungen suchen müssten. Dafür brauchten die Kommunen entsprechende Förderung insbesondere für den ÖPNV, aber auch die Schaffung einer durchgehenden Radverkehrsinfrastruktur. Im Autoverkehr braucht es die Elektrifizierung, aber auch Sharing-Angebote, damit sich der ruhende Verkehr reduziert. Der bestehende große PKW-Bestand ist ein großes Problem in den Städten, er drückt auf die Lebensqualität. Deshalb brauche es Angebote, damit die Menschen auf das eigene Auto verzichten können.

Im Zukunftsgespräch Energie waren sich die Teilnehmer*innen aus Kommune, Energiewirtschaft und Umweltschutz schnell einig, dass es beim Ausbau der Erneuerbaren Energien unter der aktuellen Landesregierung an vielen Stellen hapert. Silke Wesselmann, Leiterin des Amtes für Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Kreis Steinfurt, brachte ihre Erwartungen an eine neue Landesregierung auf die eingängige Formel: Mehr Klarheit, mehr Pflicht, mehr Förderung. Dirk Jansen vom BUND NRW widersprach der oft geäußerten Behauptung, Beteiligungsverfahren und Umwelt- und Artenschutz wären die entscheidenden Hemmnisse für mehr Tempo bei der Energiewende. Sven Becker, Geschäftsführer von Trianel machte deutlich, dass die Zeit der Symbolpolitik der letzten Jahre vorbei sein müsse, in der nur die Ziele verschärft wurden, ohne dass jedoch wirksame Maßnahmen zur Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien ergriffen wurden. Jetzt komme es darauf an, Ausbauhemmnisse konsequent abzubauen. Claudia Gellert, stv. Vorsitzende des LEE NRW, nannte dafür als Beispiel das Repowering von Windenergieanlagen, das drastisch vereinfacht werden müsse, um etablierte und akzeptierte Standorte zu erhalten.

Videobotschaften brachten diverse Perspektiven ein

Wie vielfältig das Programm einer solchen Veranstaltung auch sein mag, muss doch jeder Versuch scheitern, alle Perspektiven auf dieses Megathema abbilden zu können. Um trotzdem möglichst viele Stimmen zu Wort kommen zu lassen, gab es diverse kurze Videobotschaften von Yiyi Prue, Anwältin aus Bangladesh, Katja Dörner, Grüne Oberbürgermeisterin der Stadt Bonn, Heribert Hauck von Trimet Aluminium, Jannis Krüßmann, Klimakläger in NRW, Dorothy Nalubega, Grünen Politikerin aus Uganda, Michael Bloss aus der Grünen/EFA-Fraktion im Europaparlament sowie Martina Merz und Bernhard Osburg von ThyssenKrupp. Der Wunsch die eigenen Perspektiven einzubringen wurde auch an den unzähligen Fragen und der lebhaften Diskussion im Chat deutlich.

Die Videobotschaften sind auf meinem Youtube-Kanal verfügbar.

Große Einigkeit selbst bei der Abschlussrunde

Eine Erkenntnis zog sich durch den Tag, bis in das Abschlussgespräch: So weit man bei den Details auseinander liegen mag und so unterschiedlich die Interessen von Fridays for Future, die von Pauline Brünger vertreten wurde, der Chemieindustrie oder den Gewerkschaften sein mögen, einig waren sich alle, dass wir beim Klimaschutz deutlich mehr Tempo brauchen. Ohne Details verraten zu wollen, zeigte sich Oliver Krischer, stv. Fraktionsvorsitzender der Grünen Bundestagsfraktion optimistisch, dass die neue Bundesregierung eine spürbare Beschleunigung von Kohleausstieg, Erneuerbaren Ausbau und Klimaschutz insgesamt werde bewirken können. Laut Dr. Sievering von Covestro sei in der Industrie teilweise nicht mehr die größte Gefahr das „Carbon Leackage“, also das Abwandern von Unternehmen in Staaten mit niedrigen Klimastandards, sondern das „Green Leackage“. Gemeint ist das Abwandern von Wertschöpfung in Gegenden mit besserer Verfügbarkeit von Erneuerbarer Energie, um klimaneutral produzieren zu können. Um so wichtiger also, dass wir beim Ausbau der Erneuerbaren Energien Tempo machen. Anja Weber, Vorsitzende des DGB NRW stellte klar, dass es für die Beschäftigten in der Kohle jetzt darauf ankomme, schnell, greifbare Perspektiven für die Zeit nach der Kohle zu entwickeln.

Diskussion mit Oliver Krischer MdB, Pauline Brünger, Anja Weber, Dr. Christoph Sievering, Moderation Wibke Brems MdL

Der NRW Klimakongress verdeutlicht, dass es keine Zauberformel gibt, die unser Land auf den 1,5-Grad-Pfad führt, sondern viele Hemmnisse in den einzelnen Bereichen abgebaut werden müssen. Er hat gezeigt, NRW braucht eine echte Klimaregierung, um diese Jahrhundertaufgabe zu bewältigen.

Hier gibt es die auf dem NRW Klimakongress gezeigten Präsentationen der Referent*innen:

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