Die „Kommission Wachstum, Struktur und Beschäftigung“ (sog. „Kohlekommission“) hat in einem Abwägungsprozess unter Beteiligung eines breiten Spektrums gesellschaftlicher Organisationen am 26. Januar 2019 den Einstieg in den Ausstieg aus der Kohleverstromung in der Bundesrepublik Deutschland vorgeschlagen und dabei eine fast einstimmige Kompromisslösung gefunden.
Diese sieht vor, dass dieLeistung der Ende 2020 noch im Markt befindlichen 18,1 GW Braunkohlekraftwerke(Seite 22 Kommissionsbericht) bis 2022 auf rund 15 GW reduziert werden sollen(Seite 62 Kommissionsbericht). In der Kommission gab es eine Verständigung, dassdie Abschaltungen der Kraftwerke bis 2022 im Rheinischen Revier erfolgensollen. Im Gegenzug dafür gab es auf intensives Drängen der NRW-Landesregierungdie Zusage, dass es bei den geplanten 40 Mrd. € Strukturhilfen (davon lautÄußerungen des Ministerpräsidenten 15 Mrd. € für NRW) für das Revier mitfrühzeitigeren Abschaltungen auch frühzeitig einen größeren Anteil am Plafondder Strukturhilfen geben soll (Seite 104 Kommissionsbericht).
Damit müssten bis 2022Braunkohle Kraftwerksblöcke mit einer Leistung von rd. 3,1 GW im rheinischenRevier aus dem Markt genommen werden.
Davon völlig unabhängig,und in den Berechnungen der Kommission berücksichtigt, sind die 2,7 GWBraunkohle, die zwischen dem 1.10.2016 und dem 1.10.2019 in Deutschland aus demMarkt genommen werden und für jeweils 4 Jahre vor ihrer endgültigen Stilllegungin die Sicherheitsbereitschaft gehen. Die beiden Blöcke Neurath C mit 300 MWund Jänschwalde E mit500 MW sind die letzten Kraftwerksblöcke, die am 30.9.2023aus der Sicherheitsbereitschaft ausscheiden (Seiten 24 und 25 desKommissionsberichtes).
Zwischen 2023 und 2030sollen weitere 6 GW Braunkohlekraftwerke den Markt verlassen, so dass im Jahr2030 in Deutschland noch 9 GW Braunkohlekraftwerke im Markt sind. Diese Reduktionender Kraftwerkskapazitäten sollen möglichst stetig über die 8 Jahre erfolgen (Seite63 Kommissionsbericht). „Im Jahre 2030 wäre dann der gesamte vor 1995errichtete Bestand an Kohle-Kraftwerken aus dem Markt genommen. Im Bereich derBraunkohle-Verstromung würden damit jeweils etwa 3 GW Kraftwerkskapazitäten imRheinischen, im Mitteldeutschen sowie im Lausitzer Revier verbleiben.“(Stellungnahme 17/1199, S. 3).
Für den Fall, dass eineeinvernehmliche Lösung mit den Betreibern von Braunkohlekapazitäten nicht biszum 30. Juni 2020 erfolgt ist, empfiehlt die Kommission eine ordnungsrechtlicheLösung mit Entschädigungszahlungen im Rahmen der rechtlichen Erfordernisse“[...] “So wird aus Gründen der Versorgungssicherheit eine planbare Entwicklung sichergestellt.“(Seite 64 Kommissionsbericht)
Spätestens im Jahr 2038 solldie Stromgewinnung aus Braunkohle ein Ende finden, sofern nicht die Erreichungder Klimaziele einen früheren Ausstieg erforderlich macht.
Meine Fraktionskollegen Johannes Remmel, Horst Becker und ich fragen nun mit einer Reihe von Kleinen Anfragen nach, ob unsere Berechnungen über den Restbedarf an Braunkohle und die anzunehmenden Abschaltungen der Kraftwerksblöcke sich mit denen der Landesregierung decken.
Restkohlebedarf für das rheinische Braunkohlekraftwerk Neurath A (Abbaugebiete Garzweiler und Hambach)
Restkohlebedarf für das rheinische Braunkohlekraftwerk Neurath B (Abbaugebiete Garzweiler und Hambach)
Restkohlebedarf für das rheinische Braunkohlekraftwerk Neurath C (Abbaugebiete Garzweiler und Hambach)
Restkohlebedarf für das rheinische Braunkohlekraftwerk Neurath D (Abbaugebiete Garzweiler und Hambach)
Restkohlebedarf für das rheinische Braunkohlekraftwerk Neurath E (Abbaugebiete Garzweiler und Hambach)
Restkohlebedarf für das rheinische Braunkohlekraftwerk Neurath F (BoA2) (Abbaugebiete Garzweiler und Hambach)
Restkohlebedarf für das rheinische Braunkohlekraftwerk Neurath G (BoA3) (Abbaugebiete Garzweiler und Hambach)
Restkohlebedarf für das rheinische Braunkohlekraftwerk Niederaußem C (Abbaugebiete Garzweiler und Hambach)
Restkohlebedarf für das rheinische Braunkohlekraftwerk Niederaußem D (Abbaugebiete Garzweiler und Hambach)
Restkohlebedarf für das rheinische Braunkohlekraftwerk Niederaußem G (Abbaugebiete Garzweiler und Hambach)
Restkohlebedarf für das rheinische Braunkohlekraftwerk Niederaußem H (Abbaugebiete Garzweiler und Hambach)
Restkohlebedarf für das rheinische Braunkohlekraftwerk Niederaußem K (BoA1) (Abbaugebiete Garzweiler und Hambach)
Die Antworten der Landesregierung finden sich weiter unten in diesem Beitrag.
Wieder einmalverweigert sich die Landesregierung einer Antwort: Statt sich inhaltlich mitunseren Berechnungen zum Restkohlebedarf der einzelnenBraunkohlekraftwerksblöcke auseinanderzusetzen, stellt die Landesregierungunsere durchaus konservativen Annahmen in Frage, liefert dafür aber keinealternative Rechnung.
Auch die Unkenntnisder Landesregierung von blockscharfen Stromproduktions- und CO2-Emissionsdaten ist schockierend. Wie möchtedie Landesregierung Einfluss auf den Kohleausstieg in unserem Bundeslandnehmen, wenn ihr selbst die grundlegenden Informationen nicht vorliegen?
Zudem wird erneutdeutlich, dass die Landesregierung den Gestaltungsspielraum, welchen ihr derKohleausstieg bietet, nicht bereit ist zu nutzen, sondern nur die Wünsche vonRWE erfüllen möchte: „Daher erwartet dieLandesregierung vom Betreiber RWE Power AG, dass das Unternehmen nach Abschlussseiner Verhandlungen mit dem Bund […] eine entsprechend angepassteTagebauplanung vorlegen wird.“
Die Landesregierung kann sich aus meiner Sicht nicht einfach auf die Berechnungen von RWE verlassen, schließlich sind der Erhalt des Hambacher Waldes und die Heimat vieler Menschen in Gefahr. Ich erwarte von der Landesregierung, dass sie umgehend eigene Berechnungen vornimmt, welche Abschaltszenarien, welche Auswirkungen auf die Tagebaue und damit auf die Möglichkeiten zum Erhalt des Waldes und der Dörfer hätten und darauf aufbauend die Vorbereitung einer neuen Leitentscheidung. Wie naiv ist diese Landesregierung, dass sie glaubt, RWE würde freiwillig eine Tagebauplanung vorlegen, die eine minimale Inanspruchnahme der Flächen ergibt.
Die Antworten im Einzelnen:
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