Etwa 18 Monate nach dem größten Polizeieinsatz der Geschichte Nordrhein-Westfalens bestätigt die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage erneut, dass die Landesregierung sich mit der Räumung des Hambacher Waldes zur Interessensvertreterin von RWE gemacht hat.
So macht die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage – über einhundertfünfzig Seiten inklusive Anhängen –deutlich, wie Minister Reul und Ministerin Scharrenbach im Sommer 2018 alle Hebel in Bewegung setzten, um RWE eine störungsfreie Rodungssaison zu ermöglichen, wie sie einen unnötigen Polizeieinsatz in Kauf nahmen und wie Vergaberecht für Gutachten interessensgeleitet und mit großer Kreativität ausgelegt wurde. Die Antwort auf unsere Große Anfrage ist hier zu finden.
Die vorgelegten Zahlen zur Kriminalitätsentwicklung belegen eindeutig, dass Innenminister Reul bewusst den falschen Eindruck erwecken wollte, als hätten sich bereits Monate vor der Räumung Horrorszenarien im Wald abgespielt. Dies war nicht das einzige Mal, dass es Minister Reul mit der Wahrheit im Zusammenhang mit dem Hambacher Wald nicht so genau genommen hat, um Stimmung gegen die Baumhausbesetzer zu machen und eine Räumung zu legitimieren. So präsentierte er beispielsweise im Vorfeld der Räumung Waffen, die tatsächlich schon bei Durchsuchungen 2016 sichergestellt wurden.
Zudem wird deutlich, dass Ministerin Scharrenbach mit allen Mitteln eine schnellstmögliche Räumung durchsetzen wollte. Die Landesregierung hätte in dieser Situation jedoch besser abwägen müssen, dass bereits die Kohlekommission verhandelte und ein Rodungsstopp durch das Oberverwaltungsgericht denkbar war, wie er ja auch tatsächlich am 5. Oktober 2018 beschlossen wurde. So schickte man tausende Polizeibeamte fahrlässig in einen wochenlangen, gefährlichen und schlussendlich vollkommen sinnlosen Einsatz.
Die Landesregierung drückt sich um Antworten auf unsere Fragen zur Kommunikation und Einbindung der Staatskanzlei bei den Entscheidungen zur Räumung des Hambacher Waldes. Aus den spärlichen Antworten wird erneut deutlich, dass Ministerpräsident Laschet offenbar kein Interesse daran hatte, in dieser zugespitzten Situation vermittelnd einzugreifen. Er ist damit seiner Führungsrolle nicht gerecht geworden.
Zu guter Letzt wird aus den widersprüchlichen und ausweichenden Antworten der Landesregierung deutlich, dass sie bei der Gutachtenvergabe geltendes Recht interessensgeleitet und mit großer Kreativität ausgelegt und es mit dem verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeldern offenbar nicht allzu genau genommen hat.
Nachträglich wurden hanebüchene Begründungen für die Vergabe der Gutachten zur Räumung des Hambacher Waldes an eine bestimmte Kanzlei gesucht. Zum einen arbeitete die Kanzlei bereits ab dem 11. Juli 2018 und damit vor der Vergabe am 10. August 2018 an der Fragestellung. Zum anderen forderte die Kanzlei mit ca. 32.000 Euro am Ende eine deutlich höhere Summe als die 8.100 Euro, die bei der Vergabe eingeplant waren.
Wir werden mit einer weiteren Kleinen Anfrage, die schuldig gebliebenen Antworten zu anderen Gutachtenvergaben einfordern. Bislang konnte die Landesregierung nicht schlüssig darlegen, dass es sich um übliche Verfahren handelt, wie sie behauptet.
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